Erstellt: 22.2.2006
Letzte Änderung: 22.5.2006

Horten-Nurflügel
Codo III
Ein Bericht wie man es nicht machen sollte

Codo III

Technische Daten

Spannweite:
Pfeilung:
Verwindung:
Flächeninhalt:
Gewicht:
Profil:
Streckung:

2400 mm
17 Grad
10 Grad
ca. 38 qdm
ca. 800 g
E222 auf E226 auf NACA009 (siehe Text)
15

Konstrukteur und Erbauer: Dirk Lübeck
Baubeginn: ca. 2002

Konzept

Wer erinnert sich noch an die Neue Deutsche Welle?
"Codo der dritte
Aus der Sternenmitte
Bin ich der dritte
Von links"
Hortenflieger sehen ja fast aus wie Ufos. Daher der Name "Codo III".

Nach den guten Erfahrungen mit meinem ersten Horten sollte es nun ein etwas größerer Flügel werden. Ausgangspunkt der Überlegungen war ein Packmaß von 80 x 30 cm, für einen Transport quer über die Motorradkoffer. Mein Vater regte einen Dreiteiler an. Es ergab sich ein 80 cm breites Mittelstück und ebenfalls 80 cm lange Flächenaußenteile. Auch die relativ kleine Pfeilung und die hohe Streckung sind Ergebnis der Anforderungen an das Packmaß. Zunächst war ich unsicher, ob mit dieser Geometrie die notwendige Flugstabilität möglich ist. Vergleiche mit Robert Schweißguts Adler und den Original-Horten beruhigten mich jedoch einigermaßen.

Neben einer Vergößerung der Maße wollte ich die Profilierung verbessern, indem ich einen Teil des "neuen Eppler-Strak" für Pfeil-Nurflügler verwendete. Ich wählte das E222 in der Flächenwurzel und das E226 am Übergang zu den Außenflächen. Von dort aus wurde dann wie gehabt auf das symetrisches NACA009 gestrakt. Bei der Größe und Verteilung der Schränkung habe ich mich wieder an Roberts Empfehlungen gehalten, was sich jedoch in diesem Fall als falsch herausstellte (Erklärung siehe unten).

Die Elevons sind gegenüber meinem kleinen Horten leicht vergrößert. Die Rudertiefe steigt nach außen hin an. Damit erhoffte ich eine bessere Ruderwirksamkeit. Die Wölbklappe sollte die Langsamflugeigenschaften verbessern und zum Bremsen im Landeanflug dienen.

Ein Elektro-Antrieb sollte steckbar hinten auf das Mittelteil aufgesetzt werden. Steckbar deswegen, weil ein Mittelteil mit fest eingebautem Antrieb nicht in das Packmaß 80 x 30 cm passen würde. Außerdem wollte ich den Flügel auch als reinen Segler verwenden können. Zum Bau eines Antriebsaufsatzes kam es aber nicht mehr.

Planskizze

Flugerfahrungen

Im Frühjahr 2003 war es dann soweit. Respektable 2,4 m Flügel waren flugbereit. Der Elektroaufsatz war noch nicht gebaut, denn ich wollte die Flugeigenschaften erst einmal ohne Antrieb testen. Die ersten Handstarts zeigten, daß der Flieger glitt und auf die Ruder reagierte. Also konnte es an den Gummi gehen. Für einen sicheren Start hatte ich 2 Hochstarthaken für eine V-Fesselung angebracht. Energie lieferte ein 20 m langer Gummischlauch. Dank V-Fesselung stieg er wie auf Schienen weg und kam auch problemlos frei. Dann fingen die Probleme an. Geflogen wurde immer der gleiche Ablauf: Abschuß gegen den Wind, Stabilisieren nach dem Freikommen, Linkskurve, Rückflug mit dem Wind, Einkurven gegen den Wind, Landung. So jedenfalls hatte ich das versucht - selten ist es gelungen. Die Reaktion um die Querachse war gut. Allerdings hatte ich den Eindruck, daß keine Eigenstabilität vorhanden war. Höhe mußte ich immer nachsteuern. Querlage wurde relativ träge eingenommen, was aber bei einer Streckung von 15 nicht weiter verwunderlich ist. Das Problem war die Drehung um die Hochachse. Der Flügel drehte nicht ein, sondern war nur mit Gewalt "um die Ecke" zu bekommen. Zum Kurven mußte starke Querlage eingenommen werden, dann kräftig ziehen, dann Gegenquerruder geben. Die Flugrichtung nach diesem Manöver war oftmals Glücksache.

Alle Versuche mit Schwerpunktänderungen, Wölbklappenausschlägen hoch und runter brachten keine Verbesserungen. Eines Tages erwischte den Flieger eine Bö von hinten beim Wiedereindrehen gegen den Wind. Die träge Reaktion, die große Querlage und geringe Höhe über Grund führte dazu, daß die Wiese hart gegen den Flügel schlug. Resultat waren weitreichenden Desintegrationen an den Flügelaußenteilen. Die Wiese kam kaum zu Schaden.

Frustriert legte ich die traurigen Überreste erst einmal beiseite.

Codo kaputt

Diskussion

Erst viel später habe ich den Flügel nachgerechnet. Von mir wurde das kleine und kostenlose Programm von Michael Möller dafür verwendet. Wie man sieht ist die Auftriebsverteilung ein reichlich gutes Stück von der gewünschten glockenförmigen Kurve entfernt. Es fällt auf, daß die Kurve innen zu schnell abfällt. Was also ist falsch gelaufen?

Durch Herumprobieren am PC habe habe ich herausgefunden, daß sich in den folgenden Fällen in etwa eine Glockenkurve eingestellt hätte:
- Wenn für das E226 am Übergang Mittelstück zum Außenflügel ein anderer Nullauftriebswinkel angenommen wird.
- Wenn die Wurzel (die Mitte des Fliegers) etwa 2,5 Grad negativ geschränkt sein würde.
Der eigentliche Konstruktionsfehler ist also die Verwendung eines ungeeigneten Profils am Übergang Mittelstück zum Außenflügel.

Nachdem mir klar geworden war, was falsch ist, habe ich überlegt, ob sich eine Reparatur lohnt, oder ob ein Umbau möglich ist. Das Mittelteil ist so steif gebaut, daß sich unmöglich die erforderliche Schränkung herstellen läßt. Einziger Ausweg erschien mir daher, die Außenteile nicht zu reparieren, sondern neue, andere zu bauen. Alle von mir durchgespielten Außenflügelvarianten ergaben aber keine zufriedenstellenden Resultate. Hortenflächen, die eine halbwegs glockenförmige Verteilung haben, gingen gar nicht. Also warum nicht einen Pfeil-Nurflügler daraus machen? Hier wäre dann eine elliptische Verteilung gewünscht. Aber auch diese ließ sich nicht annähernd herstellen. Immer fiel die Kurve innen viel zu schnell ab. Wer mag, kann sich die Daten hier ziehen und selbst probieren.

Somit sitze ich mit kaputten Flächenaußenteilen und einem unbrauchbaren Mittelteil da.

Auftriebsverteilung

Auftriebsverteilung - das Problem

Und die Moral von der Geschicht ...

Die Profilauswahl und die Schränkungsverteilung von Horten können nicht "nach Gefühl" oder mit gesundem Menschenverstand erfolgen. Wir müssen uns klarmachen, daß so ein Horten gleichzeitig aerodynamische und geometrische Schränkung (Profilstrak und Verwindung) besitzt, und daß bei der Auftriebsverteilung ein seltsames Gebilde (die Glocke) herauskommen soll. Das sollte genügend Abschreckungspotential sein, es nicht mit einer Konstruktion nach der Wird-schon-passen-Methode zu versuchen.

Entweder man hält sich strikt an das Konstruktionsprinzip von Robert Schweißgut, dann hat man einen linearen Strak von einem instabilen Wurzelprofil zu einem symetrischen Profil am Flügelende und die von ihm beschriebenen Verwindungskurve.

Oder man rechnet. Das heißt, man sucht sich eine passende Software aus, die eine Auftriebsverteilung ermitteln kann. Damit kann man dann munter herumprobieren.

Bauweise

Nur der Vollständigkeit halber hier ein paar Einblicke vom Bau. Codo III ist ganz ähnlich wie mein erster Horten aufgebaut. Die mechanische Konstruktion halte ich für gut. Wenn da nur nicht die verflixte Aerodynamik wäre.

Rippenherstellung Mittelteil Mittelteil Tragflächenanschluß
Tragflächenanschluß Tragflächenteile Steckung Flugbereit?

Dirk Lübeck
Mai 2006